In den frühen 90ern rotteten sich in Münster und Recklinghausen einige verwegene Gestalten zusammen. SIe taten sich zunächst zu einer sogenannten INSTANT-Theater-Organisation zusammen. Der Name war wirklich nicht sexy. Sie trafen sich aber trotzdem, Auftritte erfolgten in Recklinghausen und Marl und ich glaube Gelsenkirchen und sonstwo,. Die Aktionen waren spektakulär, die Künstler sangen: "Ich fordere den Bismarckhering!" (Kurt Schwitters) und wurden prompt mit denselben beworfen.
Ein Protagonist steckte einmal 2 Stunden in einem Schrank, um am Ende der Show mit nichts als einer löchrigen Aldiplastiktüte bekleidet herauszutreten und - mit Unmengen Mehl um sich werfend - die Quintessenz der Vorstellung heraus zu brüllen: "GEDULD!"
Veranstalter sahen das nicht gerne, das Publikum aber sehr wohl.
Aber der Name, der war immer noch unsexy. Und hier kommt Jochen Steppke in's Spiel. Seinerzeit Herausgeber, Setzer und Texter, Akqisiteur und Grafiker einer kostenlosen Stadtteilzeitung mit hohem Unterhaltungswert, war er ein Künstler und aktiver Dadaist, wie man es sich nur wünschen kann.
Er stellte fest: Mit einem neuen Namen wäre uns das Glück beschieden. Also erfand er:
DIE BALLHAUSSCHLACHT
Und in den folgenden Jahren krachte es wirklich, Gaststätten waren komplett überfüllt, Kreuzungen wurden von marodierenden Fans blockiert. Gegner erschienen auch: In Bochum (oder da in der Nähe, wer weiss das noch) stürmten einige Gralshüter des Dadaismus die Bühne und schlugen unseren "Kalle Watttenscheid aus dem Sauerland" mit Plakaten und Holzlatten. Wir schlugen zurück. Das TV war auch da.
Jochen Steppke erfand allerlei sinnvolles Gerät, um den Ballhausschlachten noch mehr Bedeutung zu verleihen. Eine Gummibärenwaschanlage, platzende Federkissen und gerne auch irgendetwas mit Farbpigmenten, die man nie wieder weg bekommt. Vermutlich sind im Museum Glaskasten Marl noch Spuren seiner Aktionen zu finden . . .
Am 1. Oktober 2012 aber, nach vielen Jahren ohne Ballhausschlachten, ist Jochen über die Nacht verstorben, im Schlaf und also ohne Schmerzen. Vollkommen unerwartet. Und deswegen trafen sich viele der Ehemaligen zu einer wirklich allerletzten Ballhausschlacht. Das Pumpenhaus in Münster gab uns den Raum, und wir feierten noch einmal mit unserem Freund Jochen, obwohl er gar nicht mehr dabei war. Er war aber dabei.